01.09.2025

BWKG-Indikator 1/2025: Bund und Land müssen der Gesundheitsversorgung höchste Priorität einräumen

Scheffold: Die Kombination aus Unterfinanzierung, Personal-mangel und Bürokratie bedroht die Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen

„Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen sind unterfinanziert. Es fehlt an Personal und die Bürokratiebelastung ist unerträglich. Zusammen ergibt sich daraus eine zunehmend toxische Mischung für unsere Mitglieder“, so Heiner Scheffold, Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), mit Blick auf die Ergebnisse des aktuellen BWKG-Indikators (1/2025). Beim BWKG-Indikator werden zweimal im Jahr die Geschäftsführenden der BWKG-Mitglieder nach ihren Einschätzungen zur aktuellen Lage der Einrichtungen gefragt.

„Zusätzlich rückt die Krisenvorsorge immer mehr in den Fokus der Einrichtungen: Die jüngsten Erfahrungen etwa mit Pandemien oder militärischen Konflikten haben gezeigt, dass Gesundheitseinrichtungen gut vorbereitet sein müssen, um schnell reagieren zu können. Wir hören viel davon, konkrete mit Finanzmitteln unterlegte Planungen oder Handlungsanweisungen fehlen jedoch bislang“, so Scheffold weiter. Außerdem stelle der Klimawandel eine immer größere Herausforderung für Gesundheitseinrichtungen sowie ihre Mitarbeitenden und Patienten dar. Insbesondere um den Auswirkungen extremer Wetterereignisse und Hitzewellen entgegenzuwirken, seien gezielte Investitionen erforderlich.

„Wir fordern von Bund und Land, der Gesundheitsversorgung den ihr gebührenden Rang einzuräumen, diese angemessen zu finanzieren und Grundlagen für die Krisenvorsorge und die Bewältigung der Klimafolgen zu schaffen“, fordert Scheffold. Wenn man die Menschen im Land frage, was ihnen politisch wichtig ist, dann stehe die Gesundheitsversorgung immer ganz oben. So hätten in einer Bevölkerungsumfrage des Bundesumwelt­amts 81 % der Befragten angegeben, dass ihnen der Zustand des Gesundheitswesens „sehr wichtig“ ist. Das war der höchste Wert in der Befragung. Die Ergebnisse des aktuellen Indikators zeigen deutlich, dass dies im politischen Handeln offensichtlich noch nicht angekommen ist.

Ergebnisse des BWKG-Indikators 1/2025:

„Die Bilanzen der Krankenhäuser im Land sind nach wie vor tiefrot“, so der BWKG-Vorstandsvorsitzende, der auch Landrat des Alb-Donau-Kreises ist. 64,6 % der Krankenhäuer erwarten für das Jahr 2025 rote Zahlen. Leichte Verbesserungen im Vergleich zu früheren Prognosen seien auf die Sonderprogramme des Landes von jeweils 150 Millionen Euro in 2024 und 2025 sowie die Aufstockung der Pauschalförderung zurückzuführen. Auch die angekündigten temporären Verbesserungen der Betriebskostenfinanzierung durch die neue Bundesregierung habe leichte Verbesserungen der Prognosen für 2025 zur Folge.

„Diese Verbesserungen zeigen, dass die Probleme erkannt wurden. Gelöst werden sie dadurch jedoch nicht. Es bleibt also bei einer unhaltbaren Situation: Zwar sind viele Krankenhausträger im Land den schweren Weg zu umfassenden Strukturanpassungen gegangen, was zu einer bundesweit vorbildlichen Krankenhausstruktur geführt hat. Eine bessere Finanzlage hat das aber nicht zur Folge. Der Gesetzgeber muss dringend handeln! Die politisch gewollten Strukturanpassungen müssen auch finanziell honoriert werden, sonst wird die Strukturreform ins Leere laufen. Denn dann wird der Geldmangel die Strukturen und medizinischen Angebote bestimmen“, ergänzt Scheffold.

Für 77,0 % der Krankenhäuser ist es schwierig oder eher schwierig, Pflegefachkräfte zu finden. 75,9 % haben Probleme, freie Stellen im Funktionsdienst neu zu besetzen und 53,6 % haben Schwierigkeiten, freie Stellen im Ärztlichen Dienst neu zu besetzen.

„Eine stabile und ausreichende Finanzierung ist auch eine zentrale Voraussetzung dafür, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern attraktive Arbeitsbedingungen bieten zu können“, so der Vorstandsvorsitzende. Gute Arbeitsbedingungen seien zentral für die Zukunft, denn die Konkurrenz um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werde immer größer und auch Auszubildende seien immer schwieriger zu finden.

„Die Reha-Kliniken brauchen einen gesetzlichen Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung, der gegenüber den Kostenträgern auch tatsächlich durchsetzbar ist“, so Scheffold. Nach dem BWKG-Indikator 1/2025 gehen rund 47,4 % der Reha-Kliniken davon aus, dass das Jahr 2025 mit roten Zahlen enden wird. Die schwierige wirtschaftliche Lage der Reha-Kliniken sei eine Folge von nicht finanzierten Kostensteigerungen aus den vergangenen Jahren.

„Die positiven Effekte einer guten Reha sind hinlänglich bekannt und auch, dass sich Reha in der Gesamtbetrachtung rechnet. Die Rahmenbedingungen für die medizinische Rehabilitation müssen endlich spürbar verbessert werden“, macht der BWKG-Vorstandsvorsitzende deutlich. Der Zugang zu Maßnahmen der Prävention und Rehabilitation müsse beispielsweise schnell vereinfacht werden. Zudem müsse das Reha-Budget in der Rentenversicherung bedarfsgerechter ausgestaltet werden.

„Ein weiteres großes Problem für die Reha-Kliniken ist der Personalmangel“, so Scheffold. 73,7 % der Reha-Klinikgeschäftsführungen geben an, dass es schwierig oder eher schwierig ist, offene Stellen im ärztlichen Dienst neu zu besetzen. 65,3 % haben Schwierigkeiten, Pflegefachkräfte zu finden und 68,4 % haben Probleme, Stellen im medizinisch-technischen Dienst und insbesondere in Therapieberufen zu besetzen. Völlig unverständlich sei in diesem Zusammenhang, dass die Reha-Kliniken immer noch nicht Träger der generalistischen Pflegeausbildung sein dürfen.

„Den Pflegeeinrichtungen fehlt es sowohl an Personal als auch an Geld“, so Scheffold. Eine grundlegende Pflegereform mit einem Schwerpunkt auf der Finanzierung sei überfällig. Nach den Zahlen des BWKG-Indikators 1/2025 rechnen für das Jahr 2025 31,3 % der Pflegeeinrichtungen mit roten Zahlen.

„Die BWKG fordert schon lange eine grundlegende Reform der Pflegefinanzierung in Deutschland“, macht der BWKG-Vorstandsvorsitzende deutlich. Der Eigenanteil müsse stabil und planbar werden. Mehrkosten müssen solidarisch finanziert werden. Dafür sei ein "Sockel-Spitze-Tausch" nötig. Danach werden die Eigenanteile begrenzt und Kostensteigerungen von der Solidargemeinschaft getragen.

„Die Ergebnisse des BWKG-Indikators zeigen wieder sehr deutlich, wie schwierig die Personalsituation in den Pflegeeinrichtungen ist“, so Scheffold weiter. 86,3 % der Geschäftsführungen von Pflegeeinrichtungen geben an, dass es schwierig oder eher schwierig ist, offene Stellen für Pflegefachkräfte zu besetzen. 44,9 % berichten von Schwierigkeiten bei der Suche nach Pflegehilfskräften und 59,8 % bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen in der Pflege. Um in allen Bereichen genügend Personal zu haben, müsse neben der Ausbildung von Pflegefachkräften auch die Ausbildung von Pflegehilfskräften verstärkt und die Anerkennung ausländischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschleunigt werden.

„Ein weiteres Muss ist, dass beim Bürokratieabbau endlich ernst gemacht wird“, so Scheffold abschließend. Wenn Pflegekräfte und Ärzte rund ein Drittel ihrer Zeit mit Bürokratie verbringen und somit immer weniger Zeit für ihre Patienten oder Bewohner haben, ist es kein Wunder, dass sie ihren Beruf weniger gerne ausüben. Weniger Zeit für Bürokratie reduziert auch den Personalbedarf und damit den Fachkräftemangel. Hier muss die Politik endlich ansetzen.


3 Anlagen
Detailergebnisse des BWKG-Indikators 1/2025 der Krankenhäuser, der Reha-Kliniken und der Pflegeeinrichtungen

Bevölkerungsumfrage des Umweltbundesamts (ab S. 4): https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2024